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Interviews

Kiffen vs. Glaube

Im Interview mit Scott W.

Das Interview mit Scott über seine Drogensucht, das Kiffen, habe ich ursprünglich für die Zeitschrift Dran geführt. Mit freundlicher Genehmigung von beiden Parteien veröffentliche ich nun das Ergebnis auch hier.

Mit 15 raucht Scott seinen ersten Joint. Jahrelang bestimmen die Drogen seinen Alltag, bis er erkennt, dass die vermeintliche Freiheit sein Gefängnis ist.

Scott, wie bist du das erste Mal mit Drogen in Berührung gekommen?

Wir haben uns in der Gemeinde ein Fußballspiel angeschaut. In der Halbzeit sind ein paar Jugendliche zum Kiffen woandershin gegangen. Ich habe einfach mitgemacht und mir nicht viel dabei gedacht. Körperlich habe ich nicht viel gemerkt. Es war nur komisch, danach wieder ins Gemeindehaus zurückzugehen. Erst beim nächsten Joint hatte es richtige Auswirkungen: Es hat sich gut angefühlt und war auch witzig.

Warst du zu diesem Zeitpunkt schon gläubig?

Kinderkirche, Jugendarbeit – ich bin mit dem Glauben aufgewachsen. Gleichzeitig haben mich die Dinge der Welt immer angezogen. Ich wusste, dass das Kiffen nicht zum Glauben passt, habe aber trotzdem weiter gemacht.

Wie hat sich das Kiffen auf deinen Alltag ausgewirkt?

Ich war süchtig. Das hat sich darin gezeigt, dass ich ein Doppelleben geführt habe. Ich bin weiterhin brav zur Gemeinde und in den Jugendkreis gegangen, gleichzeitig habe ich meine Eltern ständig belogen. Ich kam immer erst spät nach Hause, damit ich ihnen abends nicht bekifft begegnen musste. Mir hat alles andere kaum noch Spaß gemacht. Es hat mich einfach nichts mehr interessiert. „Wann kann ich endlich wieder kiffen?“, war so ziemlich der einzige Gedanke, den ich damals hatte.

Haben deine Eltern, Geschwister oder Freude mal interveniert?

Gott hat immer interveniert, sonst eigentlich niemand. Meine Eltern und älteren Geschwister haben kaum bis nichts davon mitbekommen. Meine Freunde wussten es schon, vor allem die im Jugendkreis. Dadurch, dass ich immer mehr gekifft habe, bin ich aber immer seltener in die Gemeinde gegangen. In dieser Zeit hat Gott anders zu mir gesprochen. Einmal habe ich mir eine Folge der Serie „Scrubs” angeschaut. Darin sind einige Menschen gestorben. Es war so, als ob Gott zu mir gesagt hätte: „So lebst du gerade. Du bist eigentlich tot – geistlich gesehen”. Daraufhin habe ich mit dem Kiffen aufgehört, mich von dem Freundeskreis getrennt und bin wieder in den Jugendkreis gegangen. Das war richtig cool eine Zeit lang. Aber irgendwie habe ich dort nicht das bekommen, was ich wollte. Am Anfang brannte ich für Jesus, später nahm dieses Feuer wieder ab und ich suchte nach etwas anderem. Und so kam ich in einen Teufelskreis: Jedes Mal, wenn ich erneut mit dem Kiffen angefangen habe, ging es ein Stück schneller bergab mit mir.

Welche Gedanken kamen dir, als du dann mit den Drogen aufhören wolltest?

Ich weiß noch, dass ich schon lange damit aufhören wollte. Gleichzeitig war die Vorfreude aufs Kiffen aber immer so immens. Als ich dann wieder high war, habe ich gemerkt, dass es sich doch nicht so gut anfühlt. Und es mir überhaupt nicht guttut. Dann wollte ich wieder aufhören. Letztes Jahr war ich sehr enttäuscht von mir selbst. Ich bekam das Leben mit Jesus überhaupt nicht auf die Reihe. Dann passierte was Krasses – es war so als ob der Teufel zu mir sagen würde: „Du bist lauwarm. Gott gefällt das gar nicht. Er wird dich ausspucken! Ich mache dir ein Angebot: Lass deinen kleinen Glauben an Jesus einfach los, dann kannst du dein Leben weiter so leben, wie du es sowieso schon tust. Aber du kannst es viel mehr genießen. Mit Geld, Frauen und Fame.” Das waren nicht meine eigenen Gedanken. Ich wusste, dass es nichts nützt, wenn man die ganze Welt gewinnt, aber dabei seine Seele verliert. Gleichzeitig wollte ich mein Leben aber auch nicht von Grund auf ändern.

Wie hast du dann mit den Drogen aufgehört?

Ich hatte bestimmt ein halbes Jahr lang nicht mehr in der Bibel gelesen oder gebetet. Es hat mich immer etwas davon abgehalten. Irgendwann habe ich mich einem Kumpel anvertraut und er hat eine kleine Gebetsgruppe für mich gestartet. So begann meine Befreiung. Ein paar Wochen später habe ich es auch meiner Familie erzählt, die dann ebenfalls für mich gebetet hat. Danach habe ich mich befreit gefühlt und wieder intensiv nach Gott gesucht. Doch das hat schnell wieder nachgelassen, weil Gott mir nicht geantwortet hat. Ich dachte damals: Ich habe für ihn die Drogen aufgegeben, aber er lässt sich nicht von mir finden? Dann kann ich auch Kiffen und bin wenigstens für zwei oder drei Stunden gut drauf. Danach kann ich Gott ja wieder um Vergebung bitten. Daraufhin folgte ein richtiger Horrortrip. Inmitten dieses Trips hat Gott mir gesagt, dass er nicht will, dass ich irgendwelche Sachen für ihn aufgebe, sondern dass ich aufgebe, für mich selbst zu leben. Am nächsten Tag habe ich den Lobpreissong „To be near you“ angehört: „God you know, my heart is divided. And my lips have worshiped many idols.” Das hat mich total getroffen. Ich hatte immer Angst etwas aufzugeben, weil ich dachte, dass dann nichts mehr von mir übrigbleibt. Aber weil Gott trotz seiner Größe für mich gestorben ist, entschied ich mich schließlich doch dafür. Es war dann so, als hätte ich ein neues Herz bekommen. Ich habe geweint. Das erste Mal wieder, seit ich ein Kind war.

Wie hast du dir ein hingegebenes Leben als Christ denn vorgestellt?

Früher dachte ich, dass ich frei bin, wenn ich ohne Gott lebe. Ich könnte tun, was ich möchte. Aber in Wirklichkeit ist man nicht frei, sondern Sklave der Sünde und fühlt sich dazu gezwungen, bestimmte Dinge zu tun. Ich glaubte, dass ich als Christ meine Freiheit verlieren würde, weil ich diese ganzen Regeln einhalten müsste. In Realität sind die Regeln aber genau dafür da Freiheit zu geben. Nicht weil ich gezwungen bin sie einzuhalten, sondern weil ich weiß, dass es das Beste für mich ist.

Führst du immer noch einen Kampf gegen die Drogen?

Mittlerweile denke ich gar nicht mehr daran, obwohl ich ständig von Leuten umgeben bin, die kiffen.

Welchen Ratschlag würdest du Menschen geben, die mit den Drogen aufhören wollen?

Gebet! Erzählt anderen davon und bringt eure Probleme ans Licht. In christlichen Kreisen schämt man sich oft dafür, aber im Licht verliert das Dunkel seine Macht. Wenn man Leute hat, die für einen beten, dann kann es richtig krasse Befreiung geben. Genauso wichtig ist es aber, dass man sich nach der Befreiung mit etwas anderem füllt: mit Jesus. Ansonsten kann es sein, dass man einen heftigen Rückfall hat.

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